Fachtagung Gartenbau 2024
Ressourcenknappheit trifft Gartenbau: Bewässerungs- und Energiemanagement

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürth-Uffenheim lud am 6. Februar 2024 gemeinsam mit dem Erzeugerring (ER) für Blumen und Zierpflanzen Mittelfranken e.V. das gärtnerische Fachpublikum zur Fachtagung Gartenbau nach Schwabach ein.

Wichtige Themen waren dabei der Einsatz von Großwärmepumpen, ein effizientes Wassermanagement sowie die energiesparende Kulturführung im Zierpflanzenbau.

Großwärmepumpen – Möglichkeiten für den Einsatz im Gartenbau

Zwei Damen, eine davon hält einen Blumenstrauß in Händen.Zoombild vorhanden

Uta Hübner und Susanne Lang

Die Referentin Susanne Lang vom Fraunhofer IEG (Fraunhofer-Einrichtung für Energie-Infrastrukturen und Geothermie) am Standort Cottbus zeigte die verschiedenen Wärmequellen von Wärmepumpen auf. Wärmepumpen können zwischen benötigten und angebotenen Wärmeniveaus vermitteln und die unterschiedlichen Energiequellen, wie Umgebungsluft, Oberflächengewässer (See-, Fluss, Meerwasser), industrielle Abwärme, Abwasser (Kläranlagen, Abwasserkanäle), Geothermie (oberflächennah, mitteltief und tief) oder Grubenwasser und Anwendungssektoren miteinander koppeln. Wärmepumpen tragen also als zentrales Werkzeug zur Energiewende bei.
Wenn es um die Beurteilung von Wärmepumpen und deren Leistungsvermögen geht, spielt COP eine wichtige Rolle. Das Verhältnis zwischen benötigter Energie (Strom) und damit erzeugter Heizenergie bzw. Wärmeleistung ist COP, auch als Leistungszahl bekannt. Dieser COP-Wert ist deshalb so wichtig, weil sich damit Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit diverser Wärmepumpen recht gut vergleichen lassen.
Lang zeigte in einer Grafik die theoretisch möglichen COPs in Abhängigkeit der Wärmequelle. Die Leistungszahlen sind bei der Tiefengeothermie und bei der industriellen Abwärme am höchsten. Großwärmepumpen können mit natürlichen Kältemitteln und Kohlenwasserstoffen betrieben werden, z.B. mit Ammoniak, Propan, Butan oder Pentan. Eine Marktübersicht zeigte den Zuhörern ein breites Herstellerangebot über verfügbare Wärmepumpen, die auch im Gartenbau zum Einsatz kommen können. Lang informierte die Gärtner zum Schluss noch über das Projekt Deep-Geothermie Straelen, wo die Dekarbonisierung der Energieversorgung im Produktionsgartenbau durch Tiefengeothermie erforscht wird.

Bewässerungsmanagement und -steuerung im Betrieb optimieren

Zwei Herren mit Blumenstrauß und Dame in grünem BlazerZoombild vorhanden

Parssa Razavi und Jürgen Zörner

Parssa Razavi, Geschäftsführer der Firma irriport GmbH, und sein Mitarbeiter Jürgen Zörner gaben den Gärtnern einen Einblick in das wichtige Thema Bewässerung. Eine sichere Nahrungsmittelproduktion gestaltet sich zunehmend zu einer der größten Herausforderungen auf unserem Planeten. Ohne eine zuverlässige Wasserversorgung landwirtschaftlicher Flächen wird das nicht gelingen, da der Klimawandel Dürren, Wasserknappheit, steigende Bewässerungseinsätze und Starkregenereignisse begünstigt. Weltweit weisen jedoch die landwirtschaftlichen Bewässerungssysteme im Vergleich zu den Jahren nach 1970 kaum eine Weiterentwicklung auf. Wasserverschwendung prägt demzufolge seit über 50 Jahren das Bild der landwirtschaftlichen Bewässerung.
Ein Weg aus dieser Misere kann die Automatisierung sowie Digitalisierung der landwirtschaftlichen Bewässerungsanlagen sein. Sie führt zuverlässig zu einer maßgebenden Wassereinsparung bei gleichzeitiger Ertragssicherung und schont überdies nachhaltig die Süßwasserressourcen. Hierbei ist die Firma irriport GmbH beratend und planend tätig. Irriport berät Fachbehörden (u.a. Wasserwirtschaftsämter), Berufsverbände, Genossenschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Landwirtschaftskammern, Wasser- u. Bodenverbände).
Zörner machte darauf aufmerksam, dass in ganz vielen Fällen in Betrieben mit Gewächshausproduktion in der Pumpstation ein großes Potential an Energie- und Kosteneinsparung schlummert. Das beginnt beim zu hohen Anschlusswert und endet bei überdimensionierten Anlagen, wo die Pumpen aus der Kennlinie laufen. Das ist nicht nur Stromverschwendung, sondern reduziert auch ganz erheblich die Lebensdauer solcher Pumpwerke. Anlagen, die nicht mindestens 10 bis 15 Jahre wartungsfrei laufen, sind vermutlich falsch geplant oder im Laufe der Betriebsentwicklung nicht angepasst worden.

Weihenstephaner Modell zur Energieeinsparung

Älterer Herr steht gestikulierend zwischen Beamer und RednerpultZoombild vorhanden

Prof. Dr. Hauser

Wie man Zierpflanzenkulturen energiesparend produzieren kann, dazu referierte Prof. Dr. Hauser von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Ausgehend vom Aspekt der Nachhaltigkeit sei ein effizienter Einsatz von Heizenergie unerlässlich. Er zeigte Beispiele unterschiedlicher Klimastrategien beim Anbau von Zierpflanzen im Gewächshaus auf. Unabhängig vom eingesetzten Modell sei die Tagesmitteltemperatur ausschlaggebend für die Energieeinsparung und die erzielten Qualitäten.
Hauser wies darauf hin, dass Pflanzen nicht zwingend konstante Temperaturen, sondern oft eine bestimmte Licht- und Temperatursumme benötigen: „Die Pflanzen sind gar nicht so empfindlich, wie wir denken – sie haben alle Vorfahren, die unter natürlichen, also nicht geschützten, Bedingungen gewachsen sind“, so der Referent.
In Anlehnung an bekannte Regelstrategien wie „Cool Morning & Warm Evening“ zeigte er das Weihenstephaner Modell als Energiesparkonzept mit drei Phasen auf:
  • Phase 1: Nutzung der Sonneneinstrahlung zur Deckung des Energiebedarfs am frühen Abend durch Heraufsetzen der Lüftungstemperaturen am Spätnachmittag
  • Phase 2: Einsatz von Energie- und Verdunklungsschirmen zur Reduzierung des zu beheizenden Luftvolumens im Gewächshaus in der Nacht bzw. bei sehr geringer Einstrahlung
  • Phase 3: Energieeinsparung durch Absenkung der Heiztemperaturen in den Morgenstunden und kostenfreie Aufheizung durch die Morgensonne.
Entsprechende Versuche wurden von der HSWT bereits 2019 bei Pelargonien und Poinsettien durchgeführt. Entscheidend für den Erfolg sei die Sonneneinstrahlung, die je nach Standort und Lage der Gewächshäuser unterschiedlichen Einfluss nimmt.

Alles Wissenswerte zum Weihenstephaner Modell kann man im kostenfreien Onlinekurs des Weiterbildungsportals der HSWT erfahren. Externer Link

Energiemanagement in der Gärtnerei

Dame und Herr mit Blumenstrauß vor einem RollupZoombild vorhanden

Uta Hübner mit Referent Kurt Scherdi

Wie wichtig ein gutes Energiemanagement in der Gärtnerei ist und warum er „gerade noch die Kurve“ in Sachen Heizungsumstellung bekommen hat, darüber berichtete Kurt Scherdi, Senior-Chef der Gärtnerei Scherdi in Hofstetten. Mit einer Gewächshausfläche von 11.000 Quadratmetern und fünf Hektar Gesamtfläche zählt die Gärtnerei Scherdi zu den größten Einzelhandelsgärtnereien Bayerns. Hier arbeiten derzeit 28 Mitarbeiter. Im Zuge der Betriebsübergabe an seinen Sohn Florian Scherdi wurde im Winter/Frühjahr 2021 gemeinsam die Umstellung auf die neue Hackschnitzelanlage angegangen. Die Holzhackschnitzelheizung wurde in einem neu errichteten Gewächshausbau untergebracht. Dort werden auch die Hackschnitzel gelagert.
Zu Beginn gab es kleinere Schwierigkeiten beim Betrieb der Anlage, die auf unterschiedliche Qualitäten der zugekauften Hackschnitzel zurückzuführen waren. Deshalb entschieden sich die Inhaber mit der örtlichen Waldbauernvereinigung Kontakt aufzunehmen. Seitdem wird das benötigte Holz aus der Region zugekauft, vor Ort gehäckselt und eingelagert. Die Anlage funktioniert nun störungsfrei. Für Notfälle (Ausfälle) steht aber zusätzlich die alte Ölheizung zur Verfügung.
Kurt Scherdi bedankte sich für die Beratung des AELF Augsburg. Die Entscheidung auf eine Holzhackschnitzelheizung umzustellen sei richtig und wichtig gewesen, um die Energiekosten während der Energiekrise zu senken. Das Unternehmen habe rechtzeitig noch „die Kurve bekommen“ und sei für die Zukunft bestens gerüstet. Den Kollegen empfahl Scherdi, die eigene Energiestrategie zu prüfen und sich zukunftsorientiert aufzustellen.

Versicherungsschutz an aktuelle Entwicklungen anpassen

Dame mit Blumenstrauß steht zwischen zwei ReferentenZoombild vorhanden

Uta Hübner, Darius Kolodziej und Berhard Nill

Darius Kolodziej von der Gartenbau-Versicherung berichtete über die Auswirkungen der Inflation und eine Summenanpassung in der Versicherung. Für Gewächshäuser und Gebäude werde eine automatische Summenanpassung seitens der Versicherung durchgeführt. Hierbei sei es aber wichtig, vorgenommene Umbauten zu melden, um Deckungslücken zu vermeiden. Bei gartenbaulichen Kulturen sowie Betriebseinrichtungen, Waren und Vorräten erfolgt keine automatische Anpassung. Hier seien Werte < 35 €/m² bei Zierpflanzen kritisch zu hinterfragen. Auch ein erhöhter Lagerbestand oder neu angeschaffte Maschinen seien der Versicherung zu melden, um im Schadensfall eine entsprechende Entschädigung zu gewährleisten.
Kolodziej wies darauf hin, die Mehrwertsteuer-Einstufung zu prüfen. Wegen des Wegfalls der Pauschalierung für Betriebe über 600.000 € Umsatz seit dem 01.01.2022, müssten entsprechende Änderungen mitgeteilt werden, falls noch nicht geschehen.
Im Zuge der Energiesparmaßnahmen vorgenommene Temperaturabsenkungen in bzw. Stilllegungen von Gewächshäusern sollten aus Sicht der Gartenbau-Versicherung mit Vorsicht betrachtet werden. So sollten Temperaturabsenkungen möglichst nicht unter 5°C vorgenommen, bei einer Stilllegung beispielsweise das Entleeren von wasserführenden Rohren beachtet sowie weitere Sicherheitsvorschriften wie beispielsweise Abwehrmaßnahmen gegen Schneedruckschäden berücksichtigt werden.
Zum Abschluss seines Vortrags ging Kolodziej noch auf die Cyber-Versicherung ein. Diese sei vor allem für Betriebe wichtig, die einen hohen Digitalisierungsgrad haben und beispielsweise mit Warenwirtschaftssystemen arbeiten oder einen Online-Shop anbieten.